Mittwoch, 5. März 2014

Mikrozyklus #3: Zentralnervensystem und “work capacity“

Aktuell befinde ich mich in der ersten Woche vom vierwöchigen Mikrozyklus #3 der 12-Wochen-Mesozyklus-Progression. Diese finalen vier Wochen werden definitiv eine der unbequemsten meiner bisherigen “Trainingskarriere“. Training jenseits der Komfortzone! Die Intensität wird abermals hochgeschraubt, d.h. die Zusatzgewichte erhöht und der Wiederholungsbereich reduziert. Nach Abschluss der 12 Wochen plane ich eine “Entlastungsphase“ mit vielen Basisübungen und vor allem hohen Volumen wie der geneigte Leser es aus meinen vergangenen Trainingseinheiten kennt.

Bisher konnten die geplanten Trainingseinheiten nahezu komplett umgesetzt werden. Ein paar kleine Anpassungen hier und da waren jedoch unumgänglich. Ich kann behaupten, dass bisher mindestens 80% der geplanten Progression realisierbar waren. Ein gutes Ergebnis wie ich finde! In die fehlenden 20% fließen u.a. meine Erfahrungen aller bisher durchexerzierten Trainingssysteme ein und vor allem das Wissen wie mein Körper auf diese reagiert. Anhand (m)einer Zug-Drück-Einheit möchte ich dies veranschaulichen:

Die erste geplante Zug-Drück-Einheit in Mikrozyklus #3 bestand aus 6 Arbeitssätzen à 3-4 Klimmzüge und 4-5 Barrenstützen im 3:00min-Intervall plus zwei zusätzlichen Sätzen. Die Zusatzgewichte waren so gewählt, dass ich damit maximal 5 WDH saubere(!) Klimmzüge und 6 WDH saubere(!) Barrenstützen absolvieren kann. Saubere Wiederholungen nach meinen persönlichen Vorstellungen. Ein bis maximal zwei Wiederholungen mehr würden sicherlich auch gehen, aber dementsprechend schaut es dann aus. Daher sauberst! Nach den ersten drei Sätzen à 4 Klimmzüge und 5 Barrenstützen war ich daher jeweils knapp unter meinen maximalen Möglichkeiten geblieben. Das kostet so viel Substanz bzw. ATP, dass die Folgesätze kein Zuckerschlecken werden und nun 3er-Wiederholungen Klimmzüge und 4er-Wiederholungen Barrenstützen enorm aufs zentrale Nervensystem schlagen und maximalen Aufwand benötigen. Das ist nicht besonders klug in Sachen progressiver Trainingsgestaltung. Selbst die darauffolgenden Hilfsübungen werden dann zur Tortur und verlangen jegliche Energiereserven ab. Jedoch wollen wir erstarkt aus einem Training herausgehen, um möglichst schnell superkompensiert und frisch in die nächste Einheit zu starten!

“Folgerichtig ist ein gutes Training erst dann ein gutes Training, wenn es dich zwar fordert, aber nicht überfordert!! Ich weiß, dass es nicht immer einfach ist sein Ego zurückzuhalten, aber wenn du wirklich besser werden willst in dem was du tust, musst du lernen mit deinem Ego umzugehen!“

Da ich eine relativ hohe Trainingsfrequenz fahre, möchte ich das zentrale Nervensystem weitestgehend nicht (regelmäßig) überbelasten. Ich konnte sogar feststellen, dass selbst Beintraining und Hügelsprinteinheiten die Performance an der Klimmzugstange und am Dipbarren negativ beeinflussen, wenn ich zu sehr ans Limit und darüber hinaus gebeugt habe bzw. gesprintet bin. Folgerichtig ist ein gutes Training erst dann ein gutes Training, wenn es dich zwar fordert, aber nicht überfordert!! Ich weiß, dass es nicht immer einfach ist sein Ego zurückzuhalten, aber wenn du wirklich besser werden willst in dem was du tust, musst du lernen mit deinem Ego umzugehen!

Zentralnervensystem: zentrale Reizverarbeitung
Jedenfalls besann ich mich nach oben genannter Zug-Drück-Einheit auf bisherige Erfahrungen und den Output auf meinen Körper. Mir fiel sofort das Stichwort “work capacity“ (zu Deutsch: Arbeitsleistung) ein! Die Poliquin Group definiert ”work capacity” wiefolgt: „Work capacity can be defined as the ability to repeat high quality efforts.” Matt Wiggins meint: “Work Capacity is essentially how much work you can do, and how hard/fast you can do it.” Um die “work capacity” also zu erhöhen, müssen mehr Wiederholungen im selben Zeitrahmen oder gleichviel Wiederholungen in kürzerer Zeit absolviert werden. Theoretisch steigt die "work capacity" auch, wenn ein festgelegtes Volumen in selber Zeit mit höherer Intensität absolviert wird. Grundsatz ist, dass die einzelnen Wiederholungen der Sätze stets von hoher Qualität sind! Um das zu garantieren, empfehle ich ganze zwei Wiederholungen unter den maximal möglichen und vor allem sauberen Wiederholungen einer Übung zu bleiben.

Quelle: http://www.slideshare.net/MAJRea/work-capacity-terminology
Das Ganze lässt sich nun wunderbar auf Klimmzüge und Barrenstützen anwenden! Aus der Vergangenheit weiß ich, dass mein Zugapparat sehr gut auf 3er-Wiederholungen anspricht. So bietet sich ein 6x3, 8x3 oder auch 10x3 Klimmzüge ideal an, um “work capacity“ aufzubauen. Da mein Drückapparat mehr bewegen kann, adaptiere ich ein 6x4, 8x4 bzw. 10x4 auf die Barrenstützen. In der ersten Zug-Drück-Einheit nach diesem Prinzip legte ich erneut mein aktuelles 5 RM (Repetition Maximum) Klimmzüge und 6 RM Barrenstützen als Zusatzgewicht auf, was sich mit aktuellen Kraftwerten wie folgt liest:

Klimmzüge (Wechselgriff):
10 x 3 WDH +31,25kg

Barrenstützen (schulterweit):
10 x 4 WDH +39,25kg

Zeit: 28:45min

Nicht nur dass ich mich währenddessen besser gefühlt und mein ZNS weniger belastet habe, auch die Qualität der einzelnen Wiederholungen war sogleich um einiges höher! Die letzten zwei bis drei Sätze waren natürlich sehr nah am Limit, aber dennoch machbar und weniger zermürbend. Gearbeitet wurde wie bisher im 3:00min-Intervall, d.h. aller 3min wurden ein Satz Klimmzüge plus ein Satz Barrenstützen absolviert, so dass ich nach ca. 28:45min durch war. Danach noch die üblichen Hilfsübungen mit dem Ziel diese zu stabilisieren und evtl. ein wenig Progression einzubauen. Bereits während der Einheit konnte ich feststellen, dass ich viele gute Wiederholungen absolviere. Durch diese kleinen Veränderungen war der neue Reiz v.a. am nächsten Tag spürbar da!

Nach knapp 48h Regeneration stand gestern die zweite Zug-Drück-Einheit an. Ich fühlte mich gut besser als gewöhnlich. Irgendwie ausgeruhter, motivierter und wacher. Das Zentralnervensystem scheint also eine mehr als entscheidende Rolle zu spielen! Um die “work capacity“ zu erhöhen, reduziere ich das Intervall von 3:00min auf 2:45min und versuche nun selbiges Volumen bei gleicher Intensität zu absolvieren. Die ersten Sätze fühlen sich kraftvoll und frisch an. Es funktioniert, auch wenn mir die letzten beiden Sätze hohen physischen Aufwand und viel mentale Kraft abverlangen. Auf Papier gebracht, ergeben sich nun folgende Notizen:

Klimmzüge (Wechselgriff):
10 x 3 WDH +31,25kg

Barrenstützen (schulterweit):
10 x 4 WDH +39,25kg

Zeit: ~26min

Um die “work capacity“ weiter zu steigern sind nun mein nächstes Ziel mindestens 8x3 Klimmzüge und 8x4 Barrenstützen in einem 2:30min-Intervall. Erst danach wird das Zusatzgewicht erhöht und wieder mit einem 3:00min-Intervall begonnen, um dieses dann wieder nach selbigem Schema zeitlich zu reduzieren und somit “work capacity“ aufzubauen. Je nach Anzahl der angestrebten Arbeitssätze soll dann im weiteren Verlauf die Leistung in Relation zur maximalen Leistung (=Intensität) progressiv erhöht bzw. verbessert werden. Dabei werde ich die Arbeitssätze auf 6-8 reduzieren (müssen), um ausreichend Spielraum für eine progressive Entwicklung der Intensität bzw. Erhöhung der Zusatzgewichte gewährleisten zu können.

Wer noch relativ wenige Wiederholungen mit dem eigenen Körpergewicht schafft, sollte das Prinzip der “work capacity“ mit Klimmzügen und Liegestützen im Wechsel ausprobieren! Neben dem allseits bekannten Leitersystem stellt dies definitiv eine gute Alternative dar. Die Anzahl der Klimmzüge und Liegestütze wird so nach ein paar Einheiten garantiert steigen und das Trainingsvolumen deutlich zunehmen.

Rosch

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen